Ausgangssperre. Pandemie.Mit den beiden Wörtern könnte man gut einen Roman beginnen lassen. Die gedrückte Stimmung ist beinahe greifbar. Die Welt hat aufgehört, sich zu drehen, und der Menschheit wurde die sicher geglaubte Kontrolle mit einer Leichtigkeit entrissen, die ihresgleichen sucht.
Willkommen zu einem etwas ungewöhnlicheren Blogbeitrag.
Meines Zeichens fühle ich mich in dystopischen Szenarien ja ziemlich wohl. Zumindest literarisch. Trotzdem muss auch ich zugeben, dass es derzeit gespenstisch ist. Das liegt aber nicht am Virus selbst, sondern an dem, was die Menschen daraus machen, bzw. wie sie darauf reagieren.
Es gibt von altersher verschiedene Untergangsszenarien. In der Antike und im Mittelalter waren es oft der Zorn eines oder mehrerer Götter, quasi die gerechte Strafe oder gleich die Apokalypse und das jüngste Gericht. In der Neuzeit dann oft der allumfassende Krieg, später der Untergang durch Dekadenz und Verfall, schließlich auch das atomare Feuer und ABC-Waffen.
Was es aber immer gibt, ist das Bild der Krankheit, die uns alle dahinrafft. Im Studium habe ich zu Endzeiterwartungen und Angstgeschichte gearbeitet. Die Krankheit ist immer da. Pestilenz, der vierte Reiter der Apokalypse. Sie ist es, was die Menschen immer umtreibt. Die Antworten darauf sind unterschiedlich, aber obwohl wir gerade Krankheiten immer besser kontrollieren können, ist ihr Untergangsszenario immer noch das furchterregendste.
Warum? Einfach. Es ist der Kontrollverlust. Die Anonymität und die Abhängigkeit von Maschinen. Das ist so erst in der Moderne entstanden. Macht die Augen zu. Was seht ihr? Ärzte in hellblauen Kitteln, die Gesichter hinter Atemmasken verborgen, gewaltige Maschinen, unzählige Kabel und Schläuche. Nadeln bohren sich in Fleisch, Maschinen kontrollieren den Leib, Mathematik bestimmt das Leben. Ob man lebt oder stirbt, bestimmt man nicht mehr selbst. Im schlimmsten Fall entscheiden Algorithmen und abstrakte Vorgaben. Da hilft kein Betteln, keinen Weinen und kein Flehen. Es wird entschieden, dass ein Mensch sterben muss.
Im Studium hat einer meiner Professoren gesagt: “Nur wer sich über die Zukunft Gedanken machen kann, ist ein guter Historiker.” Das stimmt. Im Schnitt kommt einmal alle hundert Jahre eine große Seuche über die Welt. Das letzte Mal war es die Spanische Grippe vor ziemlich genau hundert Jahren, davor haben sich Pest und Pocken die Klinke in die Hand gegeben.
Das gute daran ist: Die Menschheit hat alles überwunden und wird es auch wieder schaffen. Krankheiten bringen genau wie Krieg einen enormen Fortschritt mit sich und hinterlassen auf der Asche das Fundament einer besseren Zukunft. Der Preis dafür ist allerdings unfassbarer Schrecken und immenses Leid.
Es gibt hier keine Conclusio. Zumindest keine richtige. Was wir derzeit erleben, kommt so nah an die Apokalypse heran wie nichts anderes, was wir noch erleben werden. Hoffentlich zumindest. Trotzdem ist es nicht die Apokalypse. Die Menschheit als Ganzes ist ziemlich zäh.